Sachverhalt:
Die 10H-Regelung bei Windkraftanlagen (WKAs) bedeutet, dass der Abstand zur nächsten Ansiedlung mindestens 10 x die Höhe der WKA sein muss. Das Ergebnis dieses bayerischen Sonderwegs in Deutschland ist nun, dass es nur wenige mögliche WKA-Standorte in Bayern gibt, man Schwachwindgebiete deswegen dafür vorsieht und bislang geschützte Staatsforste opfern will.
Der Hofoldinger Forst ist ein Bereich mit einer geringen Windstärke. Ein Gutachten aus dem Jahr 2015 hat die Windmenge dort unter einer Kosten-/Nutzenbetrachtung als zu gering eingestuft. Mit der heutigen Technik ist es zwar grundsätzlich möglich, viel größere WKAs als damals zu bauen, um die in großen Höhen zunehmende Windenergie zu erreichen. Doch ist alles, was technisch machbar ist, auch sinnvoll?
Laut der ARGE (Arbeitsgemeinschaft Windenergie Hofoldinger Forst) sollen die jetzt in unserem Forst geplanten Anlagen eine Nabenhöhe von 160 m und einen Rotordurchmesser von 150 m bekommen. Mit dieser Höhe wäre allein die Nabe dann fast so hoch wie die Aussichtplattform vom Fernsehturm im Olympiapark oder sogar höher als der Kölner Dom. Die Höhe wird deswegen begründet, weil im unteren Bereich die Windverhältnisse für einen effizienten Betrieb nicht ausreichend sind. Für das Fundament sind eine bis zu 40 m tiefe Pfahlgründung und darauf aufsetzend eine ca. 4 m starke Betonplatte mit einem Durchmesser von 40 m notwendig.
Der Standort Brunnthal in erster Linie prädestiniert für eine Energiegewinnung aus Geothermie, Photovoltaik, Solarthermie und Biomasse.
Im Gemeindegebiet Brunnthal wird bereits heute über eine große Geothermie-Anlage in Kirchstockach, im Verbund mit Dürrnhaar, nachhaltig sehr viel Energie gewonnen. Die Stadt München ist seit 2018 Nutznießer dieser Energie, baut sukzessive ihr Fernwärmenetz aus und will damit spätestens bis 2040 den Münchner Bedarf an Fernwärme CO2-neutral abdecken. Um dies zu erreichen, erschließen die SWM immer weitere Geothermie-Standorte. Die Gegend von Brunnthal ist einer der geeignetsten Standorte für Geothermie in Deutschland und die erzeugte Fernwärme hilft, dem größten Engpass an erneuerbaren Energien in Deutschland - dies ist für Heizung und Kühlung von Gebäuden- entgegenzuwirken. Auch Strom wird mit diesen Anlagen erzeugt.
Für die Unternehmen und Anwohner der Ortsteile der Gemeinde Brunnthal gibt es bislang keinen Fernwärme-Anschluss. Noch im Juli 2022 wurden im Ortsteil Brunnthal Gas- anstelle von Fernwärmeleitungen verlegt. Hier muss dringend ein Strategiewechsel stattfinden.
Unser Standpunkt:
Geothermie, Photovoltaik, Solarthermie und Biomasse sollen in Brunnthal eindeutig Vorrang haben. Der Bau dieser riesigen WKAs in dem relativ windarmen Hofoldinger Forst ist insofern unverhältnismäßig. Weil aber Brunnthal bei den oben genannten vorrangigen Energiequellen noch zu wenig zu bieten hat, um die gemeindlichen Klimaziele zu erreichen, weil das Land Bayern noch keinen ausreichenden Anschluss an die Windenergie-reichen norddeutschen Bundesländer umgesetzt hat (da insbesondere die SuedLink-Trasse kaum Fortschritte macht) und weil bundesweit ein Paradigmenwechsel in der Energiepolitik stattgefunden hat, werden die WKAs im Hofoldinger Forst kommen. Die Gemeinde ist leider aus der Arbeitsgemeinschaft Windenergie ausgestiegen und muss jetzt wieder versuchen, seinen Einfluss auf die Mitgestaltung des WKA-Parks im Forst zurückzugewinnen.
Nachtrag:
Münchner Merkur, 18.12.19, Windenergie: Arge sichert sich Planungshoheit im Hofoldinger Forst
... Messungen wurden zum 01.12.2019 beauftragt ....
Pressemitteilung der Gemeinde Brunnthal, 20.12.2019
Planungen für Wind-Standort Hofoldinger Forst bleiben in kommunaler Hand - ARGE-Mitglieder stimmen Standortsicherungsvertrag zu / Windgutachten wird erstellt / Bürgerbeteiligung geplant
------- ergänzende Script-Auszüge aus "BR Wissen" zur 10H-Regel-----------
02.07.2019 BR, Sendung: „Herrscht bei der Windenergie in Bayern Flaute“
....In Bayern, und nur in Bayern, gibt es zudem noch eine weitere Regelung: Artikel 82 der Bayerischen Bauordnung schreibt seit Ende 2014 vor, dass Windräder einen Abstand ihrer zehnfachen Höhe zu Siedelungen halten müssen. Die sogenannte 10H-Regel. In Zahlen heißt das: Bei 200 Meter hohen Windrädern muss ein Abstand von zwei Kilometern Abstand eingehalten werden. Die 10H-Regel gilt auch in für die Windkraft ausgewiesenen Gebieten. Legt man die 10H-Regel an, bleibt im Oberland noch eine Fläche von 0,15 Prozent für Windkraft übrig. Mit dieser Regelung ist es in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach und Weilheim-Schongau nicht möglich, wie geplant bis 2035 auf erneuerbare Energie umzusteigen. ....
04.03.2021 Gemeinderat Brunnthal: Eine Mehrheit der Brunnthaler Gemeinderäte (CSU und UBW) stimmt für den Austritt aus der Arbeitsgemeinschaft Windenergie Hofoldinger Forst. Unsere SPD-Gemeinderätin hat gegen den Ausstieg gestimmt, weil Brunnthal damit seinen Einfluß auf die Mitgestaltung des politisch gewollten WKA-Parks im Forst verlieren wird.